Geschichte des Waldes von La Robertsau und seines Naturschutzgebietes

Ein besonderes Naturschutzgebiet

Geschichte

Das nationale Naturschutzgebiet des Waldes von La Robertsau und La Wantzenau, das sich im Norden von Straßburg befindet, bildet ein zusammenhängendes Gebiet. Es liegt in der Nähe der Naturschutzgebiete Ile du Rohrschollen und des Waldgebiets Straßburg-Neuhof / Illkirch-Graffenstaden weiter im Süden. Es handelt sich dabei um die Überreste des alten Rheinwalds, der sich in der Vergangenheit durchgängig entlang des Rheins erstreckte und in dem aquatische Lebensräume und Sumpfgebiete vorherrschend waren. Im Laufe der Jahrhunderte haben zahlreiche gesellschaftliche Zwänge hinsichtlich Stadtentwicklung, Infrastruktur und Raumnutzung die Fläche des Auwalds stark reduziert. Die Überbleibsel dieses beachtlichen Ökosystems, die entlang des Flusses verstreut sind, existieren weiterhin und sind mittlerweile bedeutende Gebiete, wo eine üppige Artenvielfalt mit dem regelmäßigen Besuch von zahlreichen Spaziergängern im Einklang steht.

Anfang des 18. Jahrhunderts: der Rhein als natürliche Grenze

Im früher als „Ruprechtsau“ bezeichneten La Robertsau kommt der Auencharakter des Stadtviertels bereits im Namen zum Vorschein: Die Endung „-au“ bezeichnet Wiesen am Wasser. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war der Rhein ein „wilder“ Fluss, der sich aus zahlreichen Mäandern und vielfältigen Seitenarmen zusammensetzte. La Robertsau bildete damals ein riesiges Feuchtgebiet zwischen dem Ill und dem Rhein. Die starken Rheinhochwasser gestalteten das Abflussnetz des Auwalds systematisch um.

Da der Rhein eine natürliche Grenze war, konsolidierte die französische Monarchie des 18. Jahrhunderts ihre Position in der Region. Damit stieg auch die Nachfrage nach Holz. Die örtliche Forstwirtschaft veränderte sich dadurch tiefgreifend.

Anfang des 19. Jahrhunderts: Begradigungsarbeiten von Tulla

Die Korrektur des Rheins vor Straßburg begann im Jahr 1817. Sie sollte die Überflutungen begrenzen, die für die lokale Bevölkerung schwerwiegende Ereignisse waren. Mit den Bauarbeiten, die von dem Ingenieur Tulla initiiert wurden, sollte das Rheinwasser in einer „Sohle“ aufgenommen werden und die befestigten Ufer maximal 250 Meter auseinander liegen.

Mehrere hundert Meter entfernt von der Sohle ergänzten Hochwasserdeiche das System, um die Launen des Flusses beherrschen zu können.

Ende des 19. Jahrhunderts – Beginn des 20. Jahrhunderts

Die Auswirkungen der Tullaschen Bauarbeiten auf den Auwald waren bedeutend und veränderten die Funktionsweise des Wald-Ökosystems maßgeblich. Die Ausweitung der Landwirtschaft und die zahlreichen Baumaßnahmen am Straßburger Hafen führten darüber hinaus zum Verlust großer Waldflächen.  Mit dem Bau des Hafens wurde auch die ökologische Durchgängigkeit des Waldes von La Robertsau mit denjenigen im Süden Straßburgs (Rohrschollen und Neuhof / Illkirch-Graffenstaden) unterbrochen.

Zwischen 1906 und 1950 wurde der Fluss weiter reguliert, um die Schifffahrt auf dem Rhein zu sicherzustellen. Dabei sollten die Niederwasser des Rheins in einer zentralen Fahrrinne konzentriert werden, was durch abwechselnd errichtete Steinbuhnen gelang.

1968-1969: Die Kanalisierung des Rheins

Die Kanalisierung des Rheins am Ende der 1960er-Jahre hatte zur Folge, dass der durch die Hochwasserdeiche begrenzte Bereich während starker Hochwasser nicht mehr überschwemmt wurde. Zudem stabilisierte sich der Grundwasserspiegel.

In weniger als zwei Jahrhunderten hatte sich die Auwaldfläche in und um Straßburg um mehr als 50 % reduziert. Gründe dafür waren die verschiedenen Regulierungen des Rheins, die Weiterentwicklung der Landwirtschaft und die Schaffung von Industrie- und Hafengebieten.

Der Wald von La Robertsau und der Rhein heute

Trotz einer Eindämmung, die sein Ausdrucksfeld begrenzt, ist der Oberrhein weiterhin ein Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung (Gebiet nach der Ramsar-Konvention).

Der Wald von La Robertsau wird historisch und geomorphologisch direkt vom Rhein beeinflusst. Ihm verdankt er seine üppige Artenvielfalt und seine Dichte.

Die Bewusstwerdung der entscheidenden ökologischen Herausforderungen für diesen Wald hat die lokalen Behörden dazu veranlasst, die Lebensräume verwalten und schützen zu wollen. Das nationale Naturschutzgebiet des Waldes von La Robertsau und La Wantzenau unterliegt einem gesonderten Rechtsrahmen, der die Dauerhaftigkeit des außergewöhnlichen Erbes dieser Rheinwälder gewährleistet und ggf. dank eines entsprechenden Managements eine Wiederherstellung und Renaturierung ermöglicht. Nachdem verschiedene Akteure das bedeutende ökologische Interesse dieser Lebensräume erkannt hatten, arbeiteten sie einhellig daran, diese zu schützen. Das Ergebnis: das Naturschutzgebiet.